Tansanias Bevölkerung wächst – und mit ihr die Anzahl an Menschen, die einen Zugang zu WASH erhalten. Auf dem Land ist die Versorgungssituation trotz Verbesserungen jedoch weiterhin unzureichend.
Von 2000 bis 2023 hat sich die Bevölkerungszahl in Tansania von 33 auf 67 Millionen Einwohner*innen verdoppelt, bis 2050 wird sie laut Prognosen auf 135 Millionen steigen (vgl. Weltbank a, vgl. DSW). Oftmals können dann die Entwicklungen im Bereich der Trinkwasser- und Sanitärversorgung nicht Schritt halten: Zwar erhalten jedes Jahr mehr Menschen einen Zugang zu WASH – durch die gleichzeitig steigende Bevölkerung gibt es aber prozentual oft kaum eine Veränderung. In diesem Artikel möchten wir der Frage nachgehen, wie sich die Versorgungssituation in Tansania in den letzten Jahren entwickelt hat.
Abbildung 1: Absolute Anzahl an Tansanier*innen mit Zugang zu einer einfachen Wasser (blau)- bzw. Sanitärversorgung (grün) zum Zeitpunkt 2000 und 2020 (Quelle: JMP c)
Der relative Anteil hat sich aufgrund des Bevölkerungswachstums zwar nicht im gleichen Verhältnis wie die absoluten Zahlen entwickelt, kann aber auch ein eindeutiges Wachstum verzeichnen. Mit dem Ergebnis, dass heute 61% der Menschen in Tansania einen einfachen Zugang zu Wasser (vgl. JMP d) und 32% einen einfachen Zugang zu Sanitäranlagen haben (JMP e, UNICEF). Tansania gehört damit aktuell sogar zu einem der Länder, die in den letzten fünf Jahren die größten Fortschritte bei der Abdeckung im Bereich Sanitär gemacht haben (vgl. WHO & UNICEF: 60). Dies trifft auch auf ländliche Gegenden zu: Hier ist die Anzahl an Menschen, die über einen einfachen Zugang zu einer Wasserquelle verfügen, vier Mal so hoch wie noch zu Beginn des Jahrtausends und liegt mittlerweile bei 45% (vgl. JMP f, JMP g). Und fast ein Viertel der Tansanier*innen haben mittlerweile einen einfachen Zugang zu Sanitäranlagen – im Vergleich zu lediglich 4% im Jahr 2000 (vgl. JMP h).
Abbildung 2: Prozentualer Anteil von Tansanier*innen in ländlichen Regionen mit Zugang zu einer mindestens einfachen Wasserversorgung (Quelle: JMP i) bzw. einer mindestens einfachen Sanitärversorgung (Quelle: JMP j) zum Zeitpunkt 2000 und 2020
Aber auch wenn die Entwicklung selber insgesamt sehr positiv ist – anders gelesen bedeuten diese Zahlen eben auch, dass 40% der Bevölkerung, in ländlichen Gegenden sogar 51%, der Zugang zu Wasser und damit eine absolute Lebensgrundlage fehlt. Und nur jede*r fünfte Tansanier*in kann Sanitäranlagen aufsuchen, die eine geschützte und hygienische Verrichtung der Notdurft ermöglichen und nicht mit anderen Haushalten geteilt werden müssen.
Unterschiede zwischen urbanen und ruralen Gegenden
Vor allem in ruralen Gegenden ist die allgemeine Versorgungslage als unzureichend einzustufen. Nach wie vor sind Wasserquellen quantitativ ungenügend bzw. oftmals nur in großer Entfernung erreichbar. Im Vergleich: In urbanen Räumen, wo fast 90% einen Zugang zu Wasser haben, bereiten eher eine unregelmäßige Versorgung als auch finanzielle Kosten Probleme. Obwohl die Nationalregierung im Rahmen ihrer Vision für 2025 das Ziel ausgegeben hat, dass die Wasserbeschaffung nicht mehr als 30 Minuten dauern soll, müssen mehr als die Hälfte der Tansanier*innen auf dem Land diese Zeit zur Wasserbeschaffung aufwenden. Und in fast der Hälfte der Fälle handelt es sich dann um Wasser aus Quellen, die als nicht verbesserte Trinkwasserquelle kategorisiert werden, da sie nicht geschützt sind und ihr Wasser potentiell gesundheitsgefährdend sein kann. Dabei sind es überwiegend Frauen, die für diese Tätigkeit verantwortlich sind (vgl. Twaweza).
Gleichzeitig müssen diese vermeintlichen Defizite in der Versorgungssituation jedoch in den Kontext der Bevölkerungsentwicklung gesetzt werden. Es greift daher zu kurz, aus den Ergebnissen abzuleiten, dass es keine Fortschritte in den genannte Bereichen gibt. Vielmehr lässt sich schlussfolgern, dass die Fortschritte durch die steigende Anzahl an Einwohner*innen oftmals nivelliert werden und dass es weiterhin einen großen Bedarf seitens derer gibt, die noch nicht mit Wasser und Sanitäranlagen versorgt sind.
Offensichtlich ist, dass die Abdeckung im Bereich WASH auf dem Land wesentlich geringer ist als in der Stadt. Dies lässt sich vor allem damit erklären, dass – wie in anderen ostafrikanischen Ländern auch – traditionell erhebliche Unterschiede zwischen Stadt und Land bestehen, die sich in unterschiedlichen Lebensverhältnissen und Einkommenssituationen manifestieren. Auch wenn der Anteil der Landbevölkerung jedes Jahr prozentual abnimmt: Zwei Drittel der Bevölkerung Tansanias lebt weiterhin in ruralen Gegenden (vgl. Weltbank b) und arbeitet vorrangig in der subsistenzwirtschaftlich geprägten Agrar-Industrie, was die eigene Versorgung, aber meist kein weiteres Einkommen sichert. Aufgrund fehlender zusätzlicher Einkommensquellen sind die Konsummöglichkeiten daher im Vergleich zur Stadt gering(er) und auch von dem allgemeinen wirtschaftlichen Wachstum der letzten Jahre bekommt die Bevölkerung auf dem Land wenig mit. Die soziale Ungleichheit ist vergleichsweise hoch, Tansania liegt ungefähr gleichauf mit seinem Nachbarn Kenia oder auch den USA (vgl. Weltbank c).
Abbildung 3: Anteil der Menschen, die einen Zugang zu einer einfachen Wasserversorgung haben, in Abhängigkeit ihres Wohnortes (Stadt/Land) (Quelle JMP k, UNICEF)
Die 2020 aufgrund des anhaltenden Wirtschaftswachstums erfolgte Hochstufung Tansanias zu einem lower middle income country (vgl. Weltbank d) ändert daher auch nichts daran, dass ein Viertel unter der nationalen Armutsgrenze von umgerechnet $1,35 pro Tag lebt – nach aktuellen Schätzungen der Weltbank e (aufgrund der wachsende Bevölkerungszahl) Tendenz steigend – und dass Tansania auf dem Human Development Index einen der hintersten Plätze (167 von 193) belegt (vgl. UNDP). Neben dem traditionellen Stand-Land-Gefälle ist außerdem noch ein weiterer Faktor dafür entscheidend, ob man Wasser hat oder nicht: In welcher der 31 Regionen des Landes man lebt. Hier variieren die Versorgungsgrade innerhalb Tansanias erheblich (vgl. WHO & UNICEF: 42). Investitionen im Bereich WASH haben damit immer auch Auswirkungen auf eine Reduzierung der Ungleichheit im Land.
Mehr Schüler brauchen mehr Schulen mit mehr WASH
Ein ähnliches Erklärungsmuster trifft auch auf die Versorgungssituation in Schulen zu: In 70% aller städtischen Schulen gibt es eine einfache Wasserversorgung, aber nur in 51% aller Schulen auf dem Land. Und nur jede vierte Schule auf dem Land verfügt über eine einfache Sanitärversorgung (vgl. SWASH).
Beim Blick auf diese Zahlen muss neben dem Aspekt der Bevölkerungsexpansion aber berücksichtigt werden, dass erst 2015 die allgemeinen Schulgebühren abgeschafft wurden. Selbst wenn in den Jahren zuvor Brunnen und Sanitäranlagen an Schulen installiert wurden, sind diese infolge der seitdem zunehmenden Anzahl an Schüler*innen nicht mehr ausreichend und übersteigen die zuvor geplanten Kapazitäten (vgl. Africa Times, WaterAid).
Abbildung 3: Versorgungssituation an Schulen im Bereich Wasser (blau) und Sanitäranlagen (grün), abhängig vom Standort der Schule (Stadt / Land), Quelle: SWASH
Ein verbesserter Zugang zu Sanitäranlagen und Hygiene ist jedoch wichtig. Von ihm ist abhängig, wie viele Schüler*innen eine Schule besuchen, ihre Leistung und möglicher Schulabschluss. Die Ausstattung von Schulen mit WASH trägt aber nicht nur zu besseren Lernergebnissen bei, sondern hat auch positive Auswirkungen auf das Umfeld der Schüler*innen, indem wertvolles Wissen über richtiges Sanitär- und Hygieneverhalten an Familie, Freunde und Bekannte weitergegeben wird. Schulen können damit als Ausgangspunkt für eine gesunde Lebenspraxis in der gesamten Gemeinde dienen (vgl. SWASH). Auch hier gilt also: Es braucht mehr WASH an Schulen für noch mehr Schüler*innen, um eine positive Wirkung zu erzielen.
Ausblick
Insgesamt hat Tansania bei der Verbesserung seiner Versorgungssituation im Bereich WASH einen großen Sprung nach vorne gemacht. Und auch im Rahmen der national verfolgten Vision für 2025 spielt das Thema mit der Forderung nach einem universellen Zugang zu Wasser für alle weiterhin eine wichtige Rolle. Die Zahlen zeigen aber auch, dass der Bedarf an WASH im Land noch immer sehr hoch ist und vielen Menschen ein Zugang zu einer Grundversorgung fehlt. Die Entwicklungen der letzten Jahre deuten vorsichtig darauf hin, dass der bisherige Aufwärtstrend weitergehen kann. Eine Herausforderung dabei wird aber vor allem darin bestehen, mit der steigenden Anzahl von Bevölkerung und Schüler*innen Schritt zu halten.
Wichtige Punkte im Überblick
- Immer mehr Menschen in Tansania haben in den letzten Jahren einen Zugang zu WASH erhalten – die Fortschritte waren so enorm, dass der prozentuale Anteil trotz starker Bevölkerungsexpansion gesteigert werden konnte.
- Welchen Zugang man zu Wasser und Sanitäranlagen hat, ist nicht nur davon abhängig, ob man auf dem Land oder in der Stadt lebt, sondern auch davon, in welcher Region innerhalb Tansanias man lebt.
- Für die zwei Drittel der Bevölkerung, die auf dem Land leben, ist die Versorgungssituation eindeutig eingeschränkter als in der Stadt: Es fehlen genügend Wasserquellen und die vorhandenen Wasserquellen sind weit entfernt, fordern viel Zeit bei der Beschaffung und verfügen selten über sauberes Wasser.
- Ähnlich eingeschränkt ist auch der Zugang an Schulen: Nur die Hälfte der Schulen in ländlichen Gegenden verfügt über einen einfachen Zugang zu Wasser. Vor allem im Hinblick auf die 2015 erfolgte Abschaffung der Schulgebühren, die die Anzahl der Schüler*innen hat steigen lassen, braucht es nun mehr Brunnen und Sanitäranlagen an Schulen, um Kapazitätslücken zu füllen und den Schüler*innen einen Schulbesuch ohne Hindernisse zu ermöglichen.
Allgemeine Infos zu Tansania
Einwohner
67.438.106 Mio. Menschen, davon 42.210.185 in ruralen (ländlichen) Regionen, 25.227.921 Mio. in urbanen (städtischen) Regionen – Stand 2023 (Quelle: Weltbank)
Sprachen
Swahili (Nationalsprache), Englisch (pro forma)
Regierungssitz
Daressalam
Staats- und Regierungsform
Föderale präsidentielle Republik
Währung
Tansania-Schilling (TZS)
Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index)
0,532 (Platz 167 im globalen Vergleich)
– Stand 2024 (Quelle: UN Human Development Report)
Bruttoinlandsprodukt/Gross domestic product (nominal)
69.15 Milliarden US$ (Platz 74 im weltweiten Vergleich) – Stand 2023 (Quelle: Weltbank)