Wasser ist ein Menschenrecht – doch Milliarden Menschen haben keinen sicheren Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Konflikte um die wertvollste Ressource nehmen weltweit zu.
Insgesamt rund 70 Prozent unserer Erde sind mit Wasser bedeckt. Die Gesamtwassermenge auf der Erde wird auf etwa 1.3 Millionen Kubikkilometer geschätzt. Doch wusstest du, dass der größte Anteil davon, nämlich rund 97 Prozent, für den Menschen ungenießbares Salzwasser ist? Das Süßwasservorkommen macht also nur etwa drei Prozent aus: als Bodenfeuchtigkeit, Grundwasser unter der Erde, Permafrost oder Sumpfwasser (vgl. UN-Weltwasserbericht).
Doch damit nicht genug: Von diesen 3 Prozent Süßwasser wiederum sind gerade einmal knapp 0,3 Prozent für den Menschen direkt nutzbar, also 0,008 Prozent des gesamten Wassers – und die sind auf der Welt extrem ungleichmäßig verteilt. Laut Weltwasserbericht (2019) leben 2,2 Milliarden Menschen ohne sicheres Trinkwasser, 785 Millionen müssen mindestens eine halbe Stunde täglich für die Wasserbeschaffung aufwenden oder sie haben gar keinen Zugang.
Wichtige Fakten im Überblick
2,2 Milliarden Menschen
…haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser.
Jeder vierte Mensch
…hat keinen Zugang zu einer einfachen Sanitärversorgung.
673 Millionen Menschen
…müssen ihre Notdurft im Freien verrichten.
40 % der Weltbevölkerung
…hat keine Möglichkeit, sich regelmäßig mit Wasser und Seife die Hände zu waschen.
Laut des US-Forschungszentrums World Resources Institute (WRI) lebt fast ein Viertel der Weltbevölkerung bereits heute in Regionen mit einem extremen Trockenheitsrisiko. In 17 Staaten, so das WRI, sei die Wasserknappheit bereits nahezu auf dem Niveau der sogenannten „Stunde Null“ angelangt. So wird der Zeitpunkt bezeichnet, an dem kein fließendes Wasser mehr verfügbar sein wird. In diesen 17 am schwersten von Trockenheit betroffenen Ländern verbrauchen Landwirtschaft, Industrie und Kommunen rund „80 Prozent des verfügbaren Oberflächen- und Grundwassers“, so die Forschenden. Zu den am schwersten betroffenen Ländern gehören dem Forschungszentrum zufolge zahlreiche Staaten im Nahen Osten und in Afrika, etwa Libyen, Israel, Saudi-Arabien, der Libanon und Ägypten. Auf Platz 13 der Rangliste steht Indien – dessen Bevölkerung dreimal so groß ist wie die Bevölkerung aller 16 anderen betroffenen Länder zusammen.
Bis zu 90 Prozent aller Abwässer weltweit werden unbehandelt abgelassen und belasten Umwelt und Trinkwasservorräte. Der Klimawandel verschärft diese ohnehin schon prekäre Lage.
Die steigende Weltbevölkerung, höhere Lebenserwartung und mehr Wohlstand ziehen eine Verdoppelung des weltweiten Wasserverbrauchs bis 2050 nach sich.
Es gibt in Folge dessen viele gewaltsame Konflikte zwischen Gruppen, die um knappe Land- und Wasserressourcen ringen. Der derzeit wohl bekannteste Konflikt ist der zwischen Ägypten und Äthiopien, die im Becken des Blauen Nils um Wasser ringen (siehe u.a. ZDF). Bislang versuchen beide Parteien jedoch weitestgehend, die Probleme gewaltfrei und auf diplomatischem Weg zu lösen. Eine Eskalation des Konflikts hätte unmittelbar vielfältige dramatische Auswirkungen auf viele weitere Staaten und Millionen Menschen.
In Teilen von Subsahara-Afrika und im Nahen Osten ist zudem in den letzten Jahren eine drastische Zunahme der Häufigkeit und Schwere von Dürren zu beobachten. Es gibt einen allgemeinen Rückgang von Regenfällen in einigen dieser Gebiete. Viele Wissenschafter, die sich seit vielen Jahren mit den Auswirkungen des Klimawandels beschäftigen, sind sich einig, dass die zunehmende Erderwärmung einen spürbaren Einfluss auf Konfliktlagen rund ums Wasser hat.
Wasserprivatisierung als weiterer Konfliktfaktor
Um der globalen Wasserkrise zu begegnen, haben seit Anfang der 1990er Jahre einige Regierungen ihr Augenmerk in der Entwicklungsarbeit auf die Privatisierung des Wassersektors, primär in Subsahara-Afrika gerichtet. Die (meist genannte) Idee der Wasser-Privatisierung: Durch gezielte Förderung des privaten Wassersektors durch Gelder der Entwicklungszusammenarbeit soll die Effektivität der Wasserversorgung verbessert und durch sozial angepasste Tarife vor allem auch wirtschaftlich ärmeren Menschen der Zugang zu sauberem Wasser vereinfacht werden. Diese Politik stößt immer wieder auf scharfe Kritik. Nicht ohne Grund: Die bisherigen Erfahrungen und Entwicklungen zeigen, dass durch die Privatisierung der lebenswichtigen Ressource Wasser nur selten ein verbesserter Zugang entsteht. Im Gegenteil: Mit der Privatisierung gehen in der Regel immer steigende Preise einher, die vor allem die wirtschaftlich Ärmsten von der Wasserversorgung abkoppeln.
Längst wird Wasser nicht einfach als eine lebenswichtige Ressource betrachtet. Wasser ist längst ein Spekulationsobjekt und fester Bestandteil unseres globalen Wirtschaftssystems.
Welche Lösungsansätze gibt es?
Eine wichtige Rolle im Einsatz für sauberes Trinkwasser für alle Menschen spielen weltweit vor allem Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die sich dafür einsetzen, dass täglich mehr Menschen einen direkten Zugang zu sauberem Wasser sowie einer sicheren Sanitär- und Hygieneversorgung erhalten. Diese Aktivitäten zahlen auf das Ziel Nummer 6 der globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ein. Darin ist definiert, dass bis 2030 die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle Menschen weltweit gewährleistet werden soll.
Der aktuelle Bericht von WHO und Unicef zum Anlass des World Toilet Days 2020 (19. November, siehe Bericht) macht jedoch deutlich, dass die Weltgemeinschaft von diesem Ziel aktuell sehr weit entfernt ist. So heißt es mit Blick auf die globale Sanitärversorgung in dem Bericht, dass über die Hälfte der Weltbevölkerung, rund 4,2 Milliarden Menschen, unzureichende und gesundheitsgefährdende sanitäre Anlagen (fehlende Hygiene, kein Abwassersystem etc.) nutzen muss. Allein 673 Millionen Menschen haben überhaupt keinen Zugang zu Sanitäranlagen und allein 370 Millionen Schulkinder besuchen täglich eine Schule ohne jegliche Sanitärversorgung. Es ist also noch ein sehr weiter Weg und es bedarf der Anstregungen vieler Akteure (Regierungen, NGOs etc.), um Ziel Nummer 6 zu erreichen.
Digitale Technologien für die Konfliktvermeidung
Neben den Aktivitäten vieler NGOs sowie zahlreicher Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit gibt es mittlerweile auch viele wissenschaftliche Institute und Forscher-Teams, die sich dem Thema “Wasser als Konfliktressource” widmen und dabei verschiedene Modelle und Studien entwickelt haben.
Ein spannendes Beispiel ist das Online-Tool „Water, Peace and Security“ (WPS), das vorhersagt, wo in den nächsten zwölf Monaten Wasser-Probleme wahrscheinlich sind und wie sie vermieden werden können. Das Projekt wird am World Resources Institute durchgeführt, einer globalen Denkfabrik für Umweltfragen. Insgesamt haben sich für dieses Projekt neun Organisationen aus den USA und Europa zusammengetan, um Brennpunkte der Wasserknappheit zu identifizieren, aber auch um der lokalen Bevölkerung und der globalen Gemeinschaft zu helfen, Konflikte zu vermeiden oder die Auswirkungen von Konflikten zu minimieren. Dazu hat das Institut ein komplexes digitales Modell entwickelt, basierend auf maschinellem Lernen, das versucht vorherzusagen, wo in den nächsten zwölf Monaten ein (Wasser-)Konflikt entstehen könnte. Das Team verwendet dafür eine Reihe von Faktoren – politische, wirtschaftliche, soziale und demografische – die auf einen bevorstehenden Konflikt hinweisen könnten. Zu dieser Gruppe von Indikatoren ergänzen sie Indikatoren bezüglich Wasser- und Nahrungsmittelproblemen. So versucht das Forschungsteam, frühzeitig Hotspots zu identifizieren und herauszufinden, ob es sich um Wasserkonflikte handelt und was die Ursachen des Konflikts sind.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
- Wasser wird weltweit ein immer knapperes Gut. Die Folgen daraus sind vielfältig, insbesondere dort wo der Klimawandel den Zugang zu sauberem Wasser zunehmend erschwert.
- Wasserknappheit, der schwierige Zugang zu sauberem Grundwasser sowie die oftmals damit eng verbundene Kontrolle über verfügbare Wasserquellen sind wesentliche Auslöser tiefgreifender Auseinandersetzungen.
- Die seit einigen Jahrzehnten vorangetrieben Privatisierung des Wassersektors führt tendenziell eher dazu, dass Probleme zunehmen und mehr Menschen keinen gesicherten, dauerhaften Zugang zu sauberem Wasser haben.
- Weltweit setzen sich Staaten und Nichtregierungsorganisationen dafür ein, dass bis 2030 jeder Mensch einen Zugang zu sauberem Wasser sowie einer sicheren Sanitär- und Hygieneversorgung hat.
- Es besteht eine direkte Verbindung zwischen reicheren Industriestaaten mitsamt deren Import wasserintensiver Produkte und dem zunehmenden akuten Wassermangel in vielen Regionen der Welt.
- Neue (digitale) Technologien spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention von Konflikten ums Wasser und sollen dabei helfen, aufziehende tiefgreifende Auseinandersetzungen durch Warnsysteme rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden.